193) Die Stimme der Zeit II
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Die Stimme der Zeit II
Bevor Tränen aus
seinen/ihren Augen hervortreten konnten, waren die beiden schon wieder in der
Gegenwart. „Stell dir vor, dass weibliche Nachkommen zu dieser Zeit auch zur
Erbschaft nicht berechtigt waren! Und wenn der Mann gestorben war, suchten
ein männlicher Verwandter oder die Umgebung, also die Gesellschaft für die
Witwe einen neuen Ehemann.“ – „Vielleicht waren die Frauen mit ihrer
Situation zufrieden? Dann mussten sie wenigstens nicht denken.“ – „Natürlich,
wie heute die Leute, die sich einen Führer wünschen.“ – „Aber warum kann man
darüber nichts hören oder lesen?“ – „Die Frauen hatten kein Recht, etwas zu
veröffentlichen. Wahrscheinlich kamen die meisten auch nicht auf den
Gedanken, ihrem Kummer Ausdruck zu verleihen. Sie standen gewissermaßen noch
nicht auf dieser Stufe der Selbsterkenntnis.“ – „Natürliche Gesetze würde ich
dies nennen! Ich denke, dass sich der Mensch bestimmten Gegebenheiten nicht
widersetzen sollte. Schau dir an, was sie heute auf dem medizinischen Gebiet
machen! Sogar schon der kleinste Teil, die Gene, werden manipuliert!“ Und
schon waren sie wieder auf Reisen.
Da lag er im Bett mit
unheimlichen Schmerzen in der unteren Bauchgegend. Der Arzt packte gerade
seine seltsamen Instrumente zusammen. „Muss ich sterben?“ – „Ich kann keine
äußeren Verletzungen feststellen. Du musst dich in Gottes Hände geben!“ Von
den Schmerzen gequält wurde er ohnmächtig.
Die Stimme der Zeit sah ihn
an und sagte: „Man nennt das Blinddarmentzündung, was im modernen Krankenhaus
einem kleineren Eingriff gleichkommt.“
Jetzt lag er in einem
moderneren Bett. Zwei Ärzte unterhielten sich neben dem Bett des Schlafenden.
„Wir haben leider kein entsprechendes Herz gefunden und die Genforschung ist
auch noch nicht so weit entwickelt, dass wir aus seinen Stammzellen ein Herz
heranziehen könnten.“ – „Er hat einfach Pech, ist zu früh krank geworden.“ –
„Ich habe in einem medizinischen Bericht gelesen, dass eine amerikanische
Forschergruppe auf diesem Gebiet schon große Fortschritte erzielt hat.“
Wieder in der Gegenwart.
„Wie konnten die Leute früher so lange leben?“ – „Die durchschnittliche
Lebenserwartung lag wegen der hohen Kindersterblichkeit und dem damaligen
Entwicklungsstand der Medizin bei rund fünfundvierzig Jahren.“ – „Wo wird
wohl die Grenze in der Zukunft liegen?“ – „Heute liegt sie in
Industrieländern bei siebzig Jahren und die Wissenschaft rechnet mit
möglichen hundertzwanzig Jahren. In Entwicklungsländern aber bestehen auch
heute weiterhin Zustände wie vor dreihundert Jahren.“ – „Die waschen sich wahrscheinlich
nicht richtig.“ Die Stimme der Zeit sah unseren unverbesserlichen
Rechtsgerichteten ein bisschen traurig an und begab sich mit ihm erneut auf
eine Reise.
„Wohin hast du mich denn
jetzt schon wieder gebracht?“ – „Das ist eine europäische Fabrik in Afrika.
Hier werden Arbeiten verrichtet, die du in deiner Heimat nicht mehr
übernehmen würdest.“ Unser Held bekam einen Tritt in den Hintern.
„Weiterarbeiten!“ – wurde er angebrüllt. Nach sechzehn Stunden konnte er
endlich die Fabrik verlassen, empfing am Eingangstor seinen Tageslohn, ging
damit auf einem dreckigen Markt zu einem Stand, um den es von Leuten und
Mücken wimmelte und wollte Brot kaufen. Nach vielem Drängeln und Schupsen
bekam er ein halbes Kilo und verschlang es fast in einem. Nun hatte er Durst.
„Wo gibt es hier einen Brunnen?“ – „Zehn Kilometer im nächsten Dorf!“ – wurde
ihm geantwortet. Halb verdurstet dort angekommen fand er vor sich eine
Schlange von ungefähr hundertfünfzig Leuten. „Bring mich sofort wieder in
meine Heimat zurück!“ – befahl er der Stimme der Zeit, aber niemand
antwortete ihm.
Nach einer Woche begab er
sich dann auf die Wanderung nach Europa. Durch die Wüste wäre er fast
verdurstet, im Mittelmeer wäre er fast ertrunken, als das seeuntüchtige Boot
vor der italienischen Küste sank. Da er keine legalen Papiere hatte, musste
er schwarzarbeiten. Er arbeitete natürlich härter, länger und besser als die
meisten Europäer und konnte sich, wie die meisten armen Leute, nur die in
Entwicklungsländern hergestellten Waren leisten. Währenddessen wurde er auch
ein paar Mal von Rassisten verprügelt, die ihm vorwarfen, dass er ihre
Arbeitsplätze wegnehmen würde, obwohl er ihnen versicherte, dass es in jener
Fabrik nur Afrikaner gab. Nach einem halben Jahr meldete sich die Stimme der
Zeit. „Wie denkst du heute?“ – „Als Neger bin ich hier ein Untermensch.
Verwandle mich bitte wieder in meinen ursprünglichen Zustand zurück. Ich will
mich bessern.“ Gesagt, getan, er war wieder der alte. „Bring mich lieber in
die Zukunft!“ – „Das kann ich nicht.“ – „Warum nicht?“ – „Weil auch ich noch
nicht weiß, wie sie aussehen wird. Du und die Leute um dich herum müssen sie
erst schaffen.“ – „Ich glaube, dass ich etwas tun kann, damit die Zukunft
besser wird, als es jemals in der Vergangenheit war.“
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Sunday, 27 November 2016
Friday, 18 November 2016
192) Die Stimme der Zeit I
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Die Stimme der Zeit I
„Du bist also so einer, der
sich immer nach den guten, alten Zeiten sehnt.“ – „Natürlich! Schau dir doch
an, wie die Welt heute aussieht! Und du als Engel müsstest dir noch viel mehr
wünschen, dass die alten Zeiten wiederkommen. Damals glaubten die Leute noch
an dich, verehrten dich, bauten dir Tempel, beteten zu dir.“ –
„Entschuldigung, aber ich bin kein Engel, sondern die Stimme der Zeit.“ –
„Hat nicht auch die Zeit jemand geschaffen?“ – „Wenn ich dir das jetzt
erklärte, glaubtest du mir sowieso nicht.“ – „Bring mich in die alten Zeiten!
Ich will hier nicht mehr leben.“ – „In Ordnung!“
Kaum hatte die Stimme
ausgesprochen, befand sich unser Held im alten Ägypten. Ein schneidender
Schmerz lief ihm über den Rücken, als ihn die Peitsche des Aufsehers traf,
weil er mit den anderen den tonnenschweren Steinklotz nicht schnell genug
zog. Neben dem Weg sah er ein paar Skelette von Arbeitern, die die Strapaze
nicht überlebt hatten.
Endlich bei der Pyramide
angekommen wurde dieses letzte Glied in die Pyramide eingefügt, sie sollte
den Eingang verstecken. „Oh, Gott! Wie komme ich jetzt wieder raus?“ – „Du
musst hier bleiben, damit du niemandem den Eingang verraten kannst.“ – schrie
ihn der Aufseher an. „Stimme der Zeit! Bitte, rette mich!“
„Huh, das war aber knapp!
Wir müssen ja nicht gleich ganz so weit zurückgehen.“ – „Was hat dir dort
nicht gefallen? Diese Leute waren sogar bereit, für ihren Glauben und Gott zu
sterben.“ – „Aber ich will nicht sterben. Für niemanden! Auch nicht für einen
Gott!“
„Bist du jetzt noch immer
der Überzeugung, dass es früher besser war?“ – „Naja, früher, da ehrte man
die Alten, den Lehrer, den Offizier, den Pfarrer, den Bürgermeister, den
König. Alle diese Würdenträger flößten den einfachen Leuten noch Respekt ein.
Rang und Ordnung herrschten im ganzen Land. Die Hierarchie bestimmte jedem
seinen Platz in der Gesellschaft. Jeder wusste, was er zu tun hatte. Die
heutige Jugend kennt das nicht mehr, die denken wirklich, dass sie nichts
mehr respektieren müssen.“ – „In Ordnung, wir werden uns die ganze Sache
einmal genauer ansehen!“
Und mit diesen Worten
befanden sie sich auch schon am Rande eines kleinen Dorfes bei der
Feldarbeit. Männer und Frauen halfen bei der Ernte. Es wurde gesungen und
gelacht, manche waren still, aber die Arbeit ging gut voran. Unser Held
unterhielt sich angeregt mit einem hübschen Mädchen. Am nächsten Sonntag
sollten die beiden heiraten. Oh, wie schön die Liebe ist! Ein ganzes Jahr
hatte die ganze Dorfgemeinschaft dem jungen Paar beim Aufbau ihres neuen
Heimes geholfen. Sogar der Landherr hatte seinen Teil dazugegeben.
Dann kam endlich der
glückliche Tag. Als das frischvermählte Paar aus der Kirche trat, wurden sie
von allen Seiten mit Blumen beworfen. Dann stieg die Braut allein in eine
kleine Kutsche. „Warum darf ich nicht zu ihr gehen?“ – „Das ist das Recht der
ersten Nacht des Landherrn, er muss ihr doch die Jungfräulichkeit nehmen!“ –
„Aber muss ich deshalb unbedingt meine Liebe mit ihm teilen?“
„Beruhige dich! Wir sind
wieder in der Gegenwart.“ – „Es war schrecklich! Welches Recht hat so ein
aufgeblasener Fettwamst, die Frauen von anderen zuerst auszuprobieren?“ –
„Das gehört zum Respekt gegenüber der Obrigkeit, alles hat seinen Rang und
seine Ordnung!“ – „Nein, nein! Das geht zu weit! Das will ich nicht!“
„Was ist jetzt deine
Meinung?“ – „Es gibt noch sehr viele Dinge, die mir in der heutigen Zeit
nicht gefallen, zum Beispiel das traditionelle Familienleben. Heute wissen
Frau und Mann nicht mehr, wer die Hosen trägt. Wenn zwei Pferde vor eine
Kutsche gespannt sind, bestimmt auch eines die Richtung, sie können doch,
nicht das eine nach links und das andere nach rechts, gehen! Außerdem ist es
in einer Ehe öfter der Mann, der das tägliche Brot verdient. Und schließlich
wählen sich die Frauen meist keinen Hungerleider aus.“
„Wo bin ich jetzt?“ – „Schau
in den Spiegel!“ – „Oh! Warum das? Warum hast du mich in eine Frau verwandelt?“
– „Wer würde dir garantieren, dass du gerade als Mann oder gar Fürst zur Welt
gekommen wärest. Diese hatten natürlich ihren Spaß, aber man muss diese Dinge
auch einmal von der anderen Seite erfahren.“ Er schaute sich noch einmal
genauer in den Spiegel. „Eigentlich bin ich ganz hübsch, und hier das
spanische Kleid mit einem Fächer.“ – „Oh, core mio….“ unter dem Balkon
begleitet sich ein Troubadour auf der Gitarre. „Das gilt mir! Ich werde ihm
eine Rose hinunterwerfen.“ Er/Sie kommt zurück. „Jetzt ist er verschwunden.“
– „Vielleicht wollte er lieber Geld bekommen.“ Er/Sie sieht auf den kleinen
Tisch vor dem Spiegel. „Hier ist ein Brief!“ Er/Sie bricht das Siegel auf und
liest. – „Mein Herz! Ich erwarte dich nach Einbruch der Dunkelheit hinter dem
Rosenbusch im Garten! Dein Herz, Ricardo!“ Er/Sie drückt den Brief an
sein/ihr Herz. „Siehst du, wie glücklich die Frauen damals waren, als noch
richtige Helden für sie schwärmten!“ – Der Vater kommt herein. – „Meine
Tochter! Ich muss mit dir sprechen. Du bist jetzt schon vierzehn Jahre alt
und es ist Zeit, dass ich dich verheirate. Der wohlhabende Hernandez bezeugte
sein Interesse für dich, als ihm ein Gemälde über dich gezeigt wurde.“ –
„Aber Vater! Ich habe ihn doch noch nie gesehen. Woher soll ich wissen, ob ich
ihn lieben kann?“ – „Liebe gibt es nur in der Oper. In Wirklichkeit ist Liebe
eine Gewohnheit, die entsteht, wenn Mann und Frau sehr lange zusammen sind.
Wir begeben uns sofort zur Kirche. Ich will keine Widerrede hören!“
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Tuesday, 8 November 2016
191) Der alte Affe erzählt 6
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Der alte Affe erzählt 6
Es klang nicht gerade sehr
überzeugend, als er da von einer „Gemeinschaft“ sprach. Jedwedes
Zusammenleben ist eine Struktur oder Gesellschaft, aber Gemeinschaft hörte
sich einfach zu idealistisch an, stand im Gegensatz zu dem Autoritätsprinzip,
das sich hier vor meinen Augen zeigte. Er merkte, dass ich ihm kein Wort
glaubte und begann mich zu provozieren. Er hatte damit angefangen und musste
jetzt vor den anderen seine Fähigkeit beweisen, auch über mich zu herrschen,
wollte er die Achtung der Gruppe ihm gegenüber aufrechterhalten. Immer
aggressiver wurden seine Gesten, und als er merkte, dass ich nicht reagierte,
zog er sein Messer. Etwas, was ich schon bei meinem ersten Kontakt mit
Kulturen und Affen gelernt hatte: „Angst zerstört das Selbstwertgefühl, und
macht einen verwundbar, und eine prompte Reaktion entwaffnet den Gegner.“
Beim Griff nach seinem Messer hatte ich einen brennenden Stock aus dem Feuer
gerissen und ihm ins Gesicht gestochen. Die Herumsitzenden waren so
überrascht, dass sie wie gelähmt dastanden. Der geblendete Anführer schrie
wie am Spieß, alle kümmerten sich um ihn. In diesem Durcheinander wurde ich
immer weiter in den Hintergrund gedrängt. Langsam drehte ich mich um und
verschwand in der Nacht.
Ich war ungefähr fünfzig
Meter gegangen, als ich hinter mir Fackeln und Schritte vernahm. Die Horde
begann, mich zu suchen. Es war stockdunkel, der Mond von Wolken ganz
verdeckt. Ich wusste nicht, wohin ich ging, was nicht ganz ungefährlich war,
hinter mir die aufgebrachten Affen, vor mir vielleicht ein Abhang. Noch
ließen sich die Lichter der Fackeln sehen. Bis Sonnenaufgang musste ich weit
genug entfernt sein, um nicht entdeckt zu werden. Am nächsten Morgen stieg
ich auf eine Spitze, überall das gleiche Bild, schier endlos Bergkuppen.
Zurück konnte ich nicht mehr, nur geradeaus vorwärts. Bergtäler mit trockenem
Gestrüpp und Kakteen, oder steinige Bergrücken. Einen Berg hinauf, Steine und
Felsen, je nach Höhe auch mal ein bisschen Schnee, auf der anderen Seite
wieder hinunter, durch das Bergtal, affenhohe, ausgetrocknete, stachelige
Sträucher und Kakteen. Ein Fortkommen war nur dort möglich, wo das bei der
Schneeschmelze herunterfließende Wasser kleinere Flussbette ausgewaschen
hatte. Als ich mich sicher fühlte, ging ich nur am Tag. An einem Kaktus
erblickte ich eine Knolle in einladender roter Farbe. Das müsste doch eine
Frucht sein. Ich biss hinein. Der Geschmack war auch süß. Aber an der Schale
gab es winzige Stacheln, die mir jetzt an Händen und Lippen hingen.
Drei Tage dauerte dieses
herumirren, bevor ich auf einen Trampelpfad stieß. Ich wusste nicht, in
welche Richtung ich ging, da die Wolken sowohl in der Nacht die Sterne, als
auch am Tag die Sonne verdeckten. Die eine Richtung dieses fußbreiten Pfades
ging nach oben, die andere nach unten. Ich brauchte ein wenig Feuer, um mich
aufzuwärmen und etwas zum Essen. Auch das Wasser war nicht das Beste, umso
mehr ich trank, desto durstiger wurde ich. Wir trinken nicht nur, um
Feuchtigkeit aufzunehmen, sondern brauchen Mineralien und Salze. Natürlich,
Schmelzwasser oder Regenwasser haben keine Zeit diese Bodenschätze in sich zu
lösen.
Der Weg nach unten ist
erfahrungsgemäß leichter, als der nach oben, und so ging es auch ziemlich
schnell. Als ich wieder um einen Felsen herumgekommen war, sah ich plötzlich
in der Ferne ein kleines Feuer. Aber wie groß war doch meine Enttäuschung,
feststellen zu müssen, dass es das Bergtal der Horde war. Augenblicklich
kehrte ich um und war vielleicht noch schneller oben, als auf dem Weg
hinunter. Inzwischen war es wieder Nacht geworden und fast unmöglich, die
Tatze vor den Augen zu sehen. Verständlicherweise wollte ich den Mitgliedern
der Horde nicht in die Arme laufen und stolperte weiter. Es ging an einer
Felswand entlang, der Weg wurde immer schmäler, bis ich vor einem Abgrund
stand. Wie tief es dort hinunterging, war nicht zu erkennen, nur das Brausen
des Wassers, das dort in der Tiefe vorbeiraste, erfüllte meine Ohren.
Vorsichtig das Gleichgewicht haltend begab ich mich über eine immer enger
werdende Steinbrücke. In der Mitte pfiff der gnadenlose Wind und ich ging auf
alle viere herunter. Ganz entkräftet fiel ich auf der anderen Seite auf den
Rücken. Als ich ein paar Stunden später, es war schon wieder Tag geworden,
erwachte, sah ich mir die ganze Sache noch einmal an und war überzeugt, dass
ich da nicht noch einmal zurückgehen würde. Eine tiefe Schlucht, von ein paar
hundert Metern, nicht breiter, als vielleicht zehn oder zwölf Meter. Unten
presste sich das Wasser reißend durch diese Enge und oben pfiff der Wind. Ein
ständiges Toben und Pfeifen verstärkt durch das Echo machte mich fast taub.
Die Brücke bestand aus einem riesigen, länglichen Felsen, der aus der einen
Felswand herausgestürzt, aber zu groß gewesen war, um durch die enge Schlucht
ganz nach unten zu fallen.
Jetzt ging ich wieder nur
bei Tageslicht weiter, diese Wege wären eigentlich für Gämsen ideal gewesen.
Langsam führte es nach unten und irgendwo hörte der Pfad dann einfach auf. Um
mich herum steile Wände und vor mir ein schneller Bach, der links aus der Wand
kam und in der rechten Wand in einem Tunnel verschwand. Wie sollte es nun
weitergehen?
Die Erfahrung hatte gezeigt,
dass das Wasser entweder vom Himmel regnet oder aus dem Boden quillt.
Vielleicht war dieses Gewässer so ein Beginn. Ich stieg also hinein und ging
langsam mit dem Wasser in die Tunnelöffnung. Natürlich wurde es immer dunkler
und ich schlug mir diesen oder jenen Körperteil an der unebenen Wand oder
Decke an oder rutschte auf den glitschigen Felsen aus. Ich war schon ein
ganzes Stück gegangen, da fiel ich plötzlich in die Tiefe und verlor das
Bewusstsein.
Als ich wieder erwachte, sah
ich um mich herum Blumen, summende Bienen, hübsche Affenmädchen. War ich tot
und das das Paradies des Bananengottes?
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Friday, 4 November 2016
190) Kleinere Schriften VII 1) Er hat ihn gesehen! 2) Wenn du in deinem …
3) Der Hund benutzt … 4) Du brauchst … 5) Wenn ein Heiliger … 6) Warum hat
nie jemand gefragt? 7) Kompromissfähigkeit 8) If one likes … 9) The greatest
ideas … 10) Auch wenn du
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190
Kleinere Schriften VII
1) Er hat ihn gesehen!
2) Wenn du in deinem …
3) Der Hund benutzt …
4) Du brauchst …
5) Wenn ein Heiliger …
6) Warum hat nie jemand
gefragt?
7) Kompromissfähigkeit
8) If one likes …
9) The greatest ideas …
10) Auch wenn du
Er hat ihn gesehen!
Ein Fuchs lief seines Weges,
suchte etwas Essbares. Er traute sich nur in der Nacht in die Nähe einer
Siedlung oder Hofes und war eigentlich sehr geschickt, wurde nur selten
entdeckt oder vertrieben, weil er sich immer von der Windschattenseite
anschlich.
Aber jetzt hatte er etwas
Seltsames bemerkt, es knallte. Er hätte der Kugel, die aus rund zwanzig
Metern auf ihn abgefeuert worden war, nicht ausweichen können. Er schaute ihr
entgegen, in seinen Augen sah er den Tod, ein kleines Feuer und die Umrisse
eines Gesichts mit einem grünen Hut darauf. Seine Augen blieben sozusagen
stehen.
Als der Jäger aus dem
Versteck kam, kontrollierte er zuerst mit der Taschenlampe die Leiche. Ein
glatter Treffer von der Seite neben das Schulterblatt. Er hatte diesen
Anblick schon oft gesehen. Er schloss dem Fuchs die Augen. Auch er wusste,
was der Tod ist.
Wenn du in deinem Leben
bergauf steigst, interessiert dich nur die Spitze. Aber denke daran, dass
danach immer ein Tal folgt!
Der Hund benutzt seine Nase,
um Beute aufzuspüren. Ich mache den Fehler, meine Nase nicht zu benutzen, um
politische Richtungen zu erkennen. Ich habe Grundsätze!
Du brauchst Verbündete,
jeder Feind deines Gegners ist dein Freund.
Wenn ein Heiliger mit viel
Lebenserfahrung spricht, ist er bestimmt kein Heiliger, und wenn er ohne
Lebenserfahrung sprechen wollte, sollte er besser den Mund gar nicht
aufmachen.
Warum hat nie jemand
gefragt?
Ein Vater und ein
zweijähriges Kind sind auf dem Spielplatz. Sie schießen einen Fußball, in
idealer Größe für das Kind, einander zu. Sie stehen in einer Entfernung von
eineinhalb oder zwei Metern. Auf dem anschließenden Platz spielen Jungs mit
einem richtigen Fußball, der Ball fliegt über das Gitter und hält nach einigem
Rollen genau vor dem Kleinkind. Alle schauen es an und fordern es auf, den
Ball zurückzuschießen. Es tritt in den Ball und er rollt einen halben Meter.
Drehen wir die Szene um, ein
Rallye-Auto fährt mit Vollgeschwindigkeit durch eine Glastür und dann durch
eine Holztür. Die Splitter von Holz oder Glas fliegen durch die Luft und wir
können eigentlich keinen Unterschied ausmachen, was wohl weiter fliegt,
obwohl Glas doch eigentlich dichter und deshalb schwerer ist.
Verlegen wir jetzt unseren
Versuch in ein Labor:
Ein Körper von einer Einheit
Gewicht und Größe stößt einen anderen des gleichen Gewichts und Größe eine
Einheit weit.
Ein Körper mit zwei
Einheiten Gewicht und Größe stößt einen anderen mit einer Einheit Gewicht und
Größe zwei Einheiten weit.
Ein Körper mit einer stößt
einen mit zwei eine halbe Einheit weit.
Einer mit zwei jenen eine
Einheit weit. Ein Zehner jenen fünf Einheiten weit.
Wir vergrößern jetzt die
Stoßenden bis ins Unendliche, aber benutzen nur zwei Gestoßene, einen Einer
und einen Zweier.
Wir werden die Erfahrung
machen, dass der Einer nicht mehr doppelt so weit fliegt, wie der Zweier,
wenn der Stoßende eine gewisse Größe erreicht hat. Am Ende werden beide
Gestoßenen die gleiche Entfernung zurücklegen, wenn der Stoßende unendlich
groß ist.
Das erklärt, warum eine
Eisenkugel von einem Kilogramm genauso schnell auf die Erde fällt, wie eine
zwei Kilogramm Eisenkugel. Der Größenunterschied zwischen Eisenkugeln und
Erde ist so groß, dass wir das Gefühl haben, sie würden durch die Gravitation
der Erde angezogen gleich schnell fallen.
So hätte es ein
Wissenschaftler des neunzehnten Jahrhunderts erklärt!
Kompromissfähigkeit ist oft
nur Opportunismus und der Mangel an Grundsätzen!
If one likes being alone,
one will always have problems with others because those won’t believe
her/him!
The greatest ideas were
nearly always discovered by only one person, others followed mostly not
willingly!
Auch wenn du dich das ganze
Leben lang ernst benimmst, hast du keine Chance, ernst genommen zu werden. Es
stellt sich allerdings die Frage, ob es überhaupt wünschenswert ist, von der
Allgemeinheit anerkannt zu werden.
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