Thursday, 7 April 2016

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Verschiedene Lebensläufe

1) Jeden Tag Training, morgens um fünf Uhr aufstehen, ins Schwimmbad, nachmittags reiten, fechten oder schießen und abends 10 km Langstreckenlauf. Wenn er einmal einen freien Tag hatte, musste er seine überschüssige Energie an anderen ablassen. Das hatte er von seinem Vater gelernt. Der war, wie jetzt sein Sohn, ein großer Kerl, führte eine Firma, die im Geschäftsnetz seines früheren Trainers groß geworden war. Zurück zu unserem jungen Helden. Im Sportunterricht zeigte er, was in ihm steckte. Die anderen in der Klasse fürchteten sich vor ihm. Das ist anscheinend eine andere Art von Respekt. Kraftprotze merken meist den Unterschied nicht. Die Mitschüler waren froh, wenn er manchmal morgens sehr müde vom Training in die Schule kam, weil er sie dann von seinen nicht selten sadistischen Witzen verschonte. In den anderen Fächern besorgte er sich die Hausaufgabe von seinen Klassenkameraden, die sie ihm gerne gaben, da sie dann wenigstens eine Zeit lang nicht der Zielpunkt seines Übermutes waren. Mit dem Lehrer beschäftigte sich der Vater, er sollte später sogar die Erleichterung des Abiturs vorbereiten. Während des Sports lernte er seine Stellung in der Gesellschaft kennen. Nach oben freundlich und nach unten gnadenlos treten. Dies sollte ihm später auch beim Militärdienst helfen. Als er das Geschäft seines Vaters übernahm, war er sein ganzer, fertiger Mann, dreißig Kilogramm Übergewicht, arrogant gegenüber kleineren und schwächeren.

2) Schon wieder sieben Uhr und aufstehen. Nicht wie am Sonntag, wenn er bis zum Mittagessen im Bett bleiben konnte. Hier fühlte er sich wohl, fast geschützt, mit einem Buch oder Zeichenblock, manchmal nur Musik, meist Filmmusik. Eine Welt der Träume, Harry Potter war auch kein Muskelprotz, sondern hatte seinen Zauberstab. Unser Held war auch nicht sehr groß, aß nicht so viel, war wählerisch, dünn. Die Lehrer ließen ihn meistens in Ruhe, weil er keinen Aufruhr veranstaltete. Man stellte ihn in die Ecke und dort blieb er. Wenn ihm ein Buch in die Hand gedrückt wurde, oder Stift mit Papier, konnte er vergessen werden, er fiel gar nicht auf. Seine Mutter kam zum zweiten Mal und zog ihm die Bettdecke weg. Das war die wirkliche Welt, kalt und unfreundlich. Sie machte sogar das Fenster auf. So eine Ungerechtigkeit! Er selbst würde keiner Fliege etwas zu Leide tun, schaute alles verwundert durch seine dicke Brille an, und war froh, wenn der Klassenstärkste beschäftigt unter der Aufsicht des Lehrers seine Aufgaben machte. Er war nicht der beste, aber seine Zeugnisse waren zufriedenstellend. Er lernte genau so viel, um bei niemandem Aufsehen zu erregen, weder durch herausragende, noch durch besonders schlechte Ergebnisse. Dieser Ausgleich nach außen hin gab ihm die Ruhe in seinem Inneren. Auch später im Berufsleben als Beamter galt er als zuverlässig, aber nicht karrierebewusst. Er tat genug, um akzeptiert und nicht gestört zu werden. Zu Hause trug seine Frau die Hosen, bestimmte die Kindererziehung, den Sonntagsausflug, die Wohneinrichtung und das tägliche Mittagessen.

Zwei Lebensläufe, so verschieden und ganz typisch. Aber woher kommen nun die Helden, die die Welt verbessern? Mandela, Gandhi, Luther King? Vom Himmel gefallene Übermenschen?

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