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Der Jesus
Kurz nachdem er an Weihnachten geboren war, - dies erzählte ihm
seine Mutter später – wurde er sofort in die Kirche gebracht und in die
Krippe gelegt, wo er den neugeborenen Jesus verkörperte. Man hatte ein
ruhiges Baby gesucht, das die Messe nicht durch Schreine stören würde und
wunderte sich, mit welcher Geduld er alles über sich ergehen ließ. Fast
himmlisch anmutig wirkte sein Blick, mit dem er auf die anderen Teilnehmer
der Festspiele, die die Hirten und Könige darstellten, herabsah. Eine große
Zukunft wurde ihm vorausgesagt. Woraus diese eines einfachen Bauernsohns
bestehen sollte, wusste keiner genauer zu bestimmen.
Als er dann heranwuchs, meldete er sich immer, wenn man in der
Kirche oder auf dem Marktplatz eine Szene aus dem Neuen Testament aufführen
ließ. Jesus und die Gelehrten, später in der Synagoge, als er die Händler von
dort vertrieben haben soll. Er gefiel sich in dieser Rolle und hörte gern,
wenn Leute, die ihn nicht bei seinem richtigen Namen kannten, ihn den Jesus
nannten. Er versuchte, sogar ein ähnliches Leben zu führen. Nur mit den
Jüngern und den Wundern wollte es nicht so recht klappen.
Jeden Tag traf er beim Pfarrer ein und ließ sich ein paar neue
Einzelheiten aus dem Leben des Messias erzählen. Der Geistliche war höchst
erfreut, endlich einen Gläubigen zu haben, der nicht nur Angst vor Gott hat,
sondern wirklich gottesfürchtig war.
Jesus führte die Leute in die Wüste und hieß sie auf dem Gras
niedersitzen.“ Er wusste nicht genau, wie eine Wüste tatsächlich aussah, aber
wenn es dort Gras gab, musste es eigentlich so etwas wie eine Wiese gewesen
sein. Eine größere Menge Sand hatte er nur beim Kapellenbau gesehen und mehr
konnte er sich nicht vorstellen. Aber niemand wollte ihm auf die Wiese
folgen.
„Jesus lief auf dem Wasser.“ Das musste er erlernen, dachte er
bei sich. Damit würde er alle überzeugen. Er ging an den Fluss, um es
auszuprobieren. Wenn man wirklich glaubt, kann man Berge versetzen. Aber so
sehr er auch versuchte, sich wie Jesus zu geben, zu handeln und zu leben,
immer wieder versank er in dem Nass.
Und dann kamen die jährlichen Passionsspiele. Jemand wurde
gesucht, der die Rolle des Jesus übernehmen würde. Er meldete sich sofort und
wurde sogleich angenommen. Vor allem, weil es keine Mitbewerber gab. Man
musste mit ihm auch nicht sehr lange proben, weil er das Leben von Jesus
ziemlich gut kannte.
Als er auf der Bühne stand, breitete er seine Hände aus, richtete
seinen Blick nach oben und sah aus, wie einer der Heiligen auf den Bildern in
der Kirche. Jede Szene wurde gespielt, aber die Wunder mit dem Fischen- und Broten-Teilen
funktionierten auch jetzt nicht. Zum Glück gab es kein wirkliches Wasser, auf
dem er hätte laufen müssen, dies war nur ein blauer Streifen unten auf der
Leinwand. Aber er genoss alle Momente, man folgte seinen Worten und
Bewegungen, er hatte endlich Jünger, denen er das letzte Abendmahl darbieten
konnte.
Doch wunderte es ihn, dass der Schauspieler, der einen römischen
Soldaten darstellte, sich das Ohr nicht wollte abhauen lassen. Als er
gebunden wurde, um vor Pontius Pilatus geführt zu werden, flüsterte er dem
jüdischen Rabi ins Ohr, die Fesseln fester zu ziehen, weil er wirklich Jesus
sei. Die Peitschenriemen schnitten tief in seine Haut, Blut floss, aber er
wusste, dass er die Bewunderung der ganzen Stadtgemeinschaft hinter sich
hatte. (Für diese Darstellung hätte er siebenhundert Jahre später sicher
einen Oscar bekommen.)
Der Stil des Kreuzes war ein bisschen kürzer, weil die Bühne
höher stand und er dann sowieso fast über den Köpfen der Zuschauer hing. Er
musste es auch nicht so weit tragen, nur ein paar Mal die wenigen Meter über
die Bühne. Als man ihm nach eigenem Wunsch die Nägel durch die Hände und Füße
schlug, pisste und schiss er sich vor Schmerz in seinen Lendenschurz, bevor
er in Ohnmacht fiel. Als er wieder zu sich kam, ließ sich aus der Menge ein
leises Raunen hören. Das passierte eigentlich jedes Jahr und jeder dort unten
beneidete ihn an diesem Tag.
Drei Tage lang hing er nun auf dem Marktplatz, die meisten Leute
waren nach Hause gegangen, um zu essen, trinken und schlafen. Aber zum Gebet
kamen sie alle über den Tag verteilt. Seine Mutter saß die ganze Zeit unten
am Kreuz. Sie wusste nicht, ob sie weinen oder sich freuen sollte: Dort oben
hing ihr Sohn. Aber er spielte nicht so gut wie Jesus, er starb ein bisschen
früher. Als man eine Lanze in seine Seite stieß, merkte er schon lange nichts
mehr.
Dann wurde er herabgenommen und in eine Höhle in der Nähe der
Stadt gelegt. Man wartete auf seine Auferstehung, doch die wollte nicht
kommen. Seine Mutter musste höhnische Blicke und Bemerkungen ertragen. Ihr
Sohn war vielleicht doch kein Jesus?
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Monday, 28 December 2015
Saturday, 19 December 2015
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Allein
Er wusste nicht, ob er erst ein paar Stunden, einen Tag oder
schon zwei Tage hier lag, weil er ganz erschöpft zusammengebrochen war.
Eigentlich ein traumhafter Platz mit Sandstrand, Sonne und Palmen. Kokosnüsse
hingen von ihnen herab, aber ein bisschen hoch, wenn man keine Leiter hatte.
Er dachte nach, er musste Wasser finden, weil er durstig, Essen, weil er
hungrig war und dann herausfinden, wo er eigentlich war.
Er ging ein Stück am Strand entlang und erblickte etwas wie einen
kleinen Einschnitt im dichten Gestrüpp. Er näherte sich, schaute hinein, es
war ein kleiner Bach mit geschmacklosem Wasser. Aber es war nicht salzig,
also trinkbar. Lange sitzend, die Hand immer wieder zum Mund führend, löschte
sich langsam sein schier unendlicher Durst. Das schwere Nass lag ihm im Magen
und machte ihn müde, er schlief ein.
Als er wieder aufwachte, erblickte er Mond und Sterne am Himmel
und es war ruhig. Nichts regte sich, aber die Stille tat ihm gut. Der Sturm,
bei dem er hierhergekommen war steckte ihm noch immer in den Knochen. Seine
Haut juckte, deshalb wusch er das Salz von seiner Haut.
Ein Stück des Weges zwischen Meer und Dickicht lag eine
umgeknickte Bananenpalme. Diese war dem Sturm zum Opfer gefallen, aber die
Frucht zwang sein Verdauungssystem, die Arbeit wieder aufzunehmen. Nach ein
paar Stunden Wanderung wurde der Küstenstreifen felsig und die Brandung
heftiger. Ein Kundiger hätte gewusst, dass hier die anbrausende
Meeresströmung die Sandablagerung verhinderte. Lange ging es über Klippen und
Felsen, bevor es wieder sandig wurde.
Er hatte wieder Hunger und Durst, stillte diese mit Vogeleiern,
heruntergefallenen Früchten und Kokosnüssen, Käfern, Muscheln, mit der Hand
gefangenen, rohen Fischen, Krebsen und kleinen Schildkröten.
Nach drei Tagen fand er Fußspuren und ein paar Stunden später
einen kleinen Bach. Jetzt war es sicher, es war eine Insel und er war einmal
herumgelaufen. Nach ein paar Tagen begab er sich in das Innere des Eilandes,
kannte bald jeden Baum, Strauch und Vogel, wusste, wo sie brüteten und nahm
immer nur ein Ei, damit sie das Nest nicht verließen.
Schon lange hatte er nichts mehr gesprochen. Jetzt probierte er
seine Stimme aus. Die Worte kamen ihm nicht leicht über die Lippen, dann sang
er Lieder aus seiner Erinnerung. Es klang ziemlich falsch. Er versuchte es
immer wieder, wollte wenigstens sich selbst hören, wenn er schon mit
niemandem sprechen konnte. Manchmal war es bereits einfacher den Lockruf
verschiedener Vögel nachzuahmen.
Er bemerkte es eigentlich nicht, aber er sprach immer seltener
laut mit sich selbst. Auch seine Gedanken veränderten sich von Tag zu Tag und
beschränkten sich bald nur noch auf: kalt – warm, Tag – Nacht, Hunger –
Durst, nur noch wenig mit Schiff – wegkommen von hier – Rettung.
Eines Tages dann, er saß gerade auf einem der Korallenriffe, um
mit seinem selbstgemachten Speer Fische zu fangen, sah er am Horizont ein
Segelschiff. Zuerst erschien um seinen Mund ein Lächeln. Aber er konnte sich
nicht mehr erinnern, warum dies Grund zur Freude hätte sein sollen. Es war
ihm von irgendwoher noch bekannt, doch wusste er nicht es mit irgendetwas zu
verbinden. Er fletschte die Zähne, wie bei einer Bedrohung. Dann schwamm er
auf die Insel zurück, um sich zu verstecken.
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Tuesday, 15 December 2015
Liste
160 kleinere Schriften V
161 Lebensläufe
162 Die Welt gehört der Jugend
163 Die größte Enttäuschung
164 Das ewige Leben
165 Rassismus
167 Liebe in alter Mode
168 Die Geschichte der Gleichheit
169 Das große Werk
170 Sprachen
171 Sonderbare Fälle
172 Die schöne Frau und der kleine Hund
173 Gemeinsames Einverständnis
174 Wahr und Recht
175 Der schreckliche Gegner
176 I Guten Morgen
177 II Guten Morgen
178 III Guten Morgen
179 VI Guten Morgen
180 Das Gesetz
181 Wie schön wäre es doch
182 Kleiner Schriften VI
183 Die Entwicklungsgeschichte einiger Gedanken
184 Der Tapfere
185 Der alte Affe erzählt 1
186 Der alte Affe erzählt 2
187 Der alte Affe erzählt 3
188 Der alte Affe erzählt 4
189 Der alte Affe erzählt 5
Wednesday, 9 December 2015
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Auf und ab!
Der kleine Familienbetrieb, den er von seinem Vater übernommen
hatte, lief nicht gerade gut und deshalb war er sehr froh, eine Einladung vom
Bürgermeister erhalten zu haben, ein Abendessen auf einem kleinen
Luxusschiff. Es war ihm klar, dass dies nicht wegen seiner „schönen blauen
Augen“ geschah, hier sollten neue geschäftliche Verbindungen geknüpft werden.
Wenn man mit den richtigen Leuten bekannt ist, wird man wettbewerbsfähiger.
Und auf diesen Abend bereitete er sich jetzt vor.
Der Bürgermeister war nicht unbedingt ein angenehmer Mensch, weil
er auf dem Weg nach oben viele Füße hatte küssen müssen, und nun auch von
allen erwartete, die von „seiner“ Torte etwas abhaben wollten. Unsere
Hauptperson hatte das Oberhaupt der Stadt schon einmal in einer Situation
gesehen, als ein hohes Tier aus der Landesverwaltung bei ihm eintraf.
„Natürlich, Herr XY, wird sofort erledigt, Herr XY, ohne mich selbst loben zu
wollen, habe auch ich schon daran gedacht, Herr XY, ……………..“ Dann drehte er
sich herum und brüllte einen seiner Untergebenen an. Wenn er etwas von einem
Vorgesetzten wollte, konnte er überhöflich sein, aber wenn er etwas von einem
Untergebenen verlangte, benahm er sich wie Nero persönlich.
Es war schon zwei Uhr und er wollte eigentlich noch zum Friseur
gehen, außerdem musste er seinen Anzug aus der Reinigung abholen. Vielleicht
würde er heute Abend auch ein paar Worte mit der Tochter des Bürgermeisters
sprechen können, sie waren doch zusammen in die Schule gegangen.
Der Abend kam, er fand sich am Anlegesteg ein, aber niemand oder
kein Schiff war weit und breit zu sehen. „Ich werde wohl einfach zu früh
angekommen sein.“ – dachte er bei sich. Er sah auf die Uhr. „Richtig, eine
halbe Stunde zu früh.“ Er wartete. Nach zwei Stunden ließ sich noch immer
niemand blicken. Als er das so stand und eine Zigarette nach der anderen
rauchte, fuhr eine schwarze Limousine langsam an ihm vorbei. Das Fenster war
einen Spalt heruntergedreht, durch den er das Gelächter einer kleinen
Gesellschaft hören konnte. Man hatte sich über ihn lustig gemacht, das war
die Wasserprobe. Sein Telefon klingelte, er holte es aus der Hosentasche,
keine Nummer, er nahm das Gespräch an, eine Frauenstimme, es war die Tochter
des Bürgermeisters, sie fragte: „Kommst du morgen zu uns zum Abendessen?“ Er
zögerte einen Augenblick, dann antwortete er schnell: „Natürlich! Um wieviel
Uhr?“
Auf dem Weg nach Hause schossen ihm ein paar Gedanken durch den
Kopf: War er wirklich so tief gesunken? Was wollte und konnte er erreichen?
Es war ihm klar, dass man über ihn lachte. Der Bürgermeister wusste jetzt,
dass er bereit sein würde, sehr viele Füße zu küssen.
Am nächsten Abend ging er zur Villa des Bürgermeisters, sie lag
ein bisschen außerhalb der Stadt, mit einer hohen, undurchsichtigen Umzäunung
aus drei Meter Mauer und darüber hinausragend eine dichte Baumreihe. Kein
Licht, er klingelte, noch einmal, wartete ein bisschen. Gerade wollte er die
Blumen, die er für seine ehemalige Schulkameradin gekauft hatte, wegwerfen,
als sich das kleine Tor öffnete. Da stand sie, mit einem entwaffnenden
Lächeln. Er überreichte ihr die Blumen, gemäß seiner Erinnerung waren dies
ihre Lieblingsorchideen, weil sie Rosen nicht mochte, zu unterwürfig, wie sie
es nannte.
Der gepflasterte Weg führte zu einer prachtvollen, halbrunden
Treppe, das Löwenspalier fand er ein bisschen kitschig aber teuer. Dann ging
es weiter durch eine geräumige Vorhalle, durch eine Flügeltür in den
Speisesaal. Er konnte nur zwei Gedecke erkennen. Sie bemerkte seine
Verwunderung, aber stellte die Blumen in eine Vase und wies ihm einen Platz
zu. Sein Erstaunen wurde noch größer, als sie anfing, nicht über alte
Schulzeiten oder romantische Dinge, sondern über ein großes Projekt zu
sprechen. Sie redete, als hätte sie alle Fäden in der Hand. Wie sehr sie sich
verändert hatte! Als er sie jetzt noch genauer betrachtete, konnte er hinter
der Schminke harte Züge erkennen. Er war nicht auf diese Verhandlung
vorbereitet, was sich später noch rächen sollte, weil es in dem Vertrag
einige Klauseln gab, die ihn und seinen Familienbetrieb eng an die Geschäfte
des Bürgermeisters binden sollten. Wie er sich nach Jahren erinnern sollte,
bekam er von ihr bei den brenzligen Stellen immer ein unschuldiges Lächeln,
dann streichelte sie seinen Arm. Sie spielte mit ihm, wie die weibliche
Spinne, die, nachdem sie begattet worden ist, das männliche Tier auffrisst.
Nach der Unterzeichnung gab sie ihm einen Kuss und lag in seinen Armen.
Als er am nächsten Morgen im fremden Bett aufwachte, fand er
neben sich einen kleinen Tisch mit Frühstück und einen parfümierten Brief.
„Guten Morgen, Liebling! Du weißt, was wir besprochen haben!“ Noch einen
Moment blieb er liegen, schloss wieder die Augen. Zu seiner Schulzeit hatte
er immer davon geträumt, sie zu erobern. Gestern Nacht hatte sie sich ihm
hingegeben. Sie war gut im Bett, aber irgendetwas fehlte. Berechnung war an
die Stelle des Gefühls getreten. Er spürte eine seltsame Spannung in der
Magengegend, wie nach einer Prüfung, von der er überhaupt nicht ahnte, wie
sie ausfallen würde.
In den nächsten Monaten erledigte er seine Geschäfte, oder
besser: erledigte seine Aufgaben. Sein Bankkonto wuchs, doch er war nicht
mehr der Alte. Manchmal verbrachten sie eine Nacht zusammen. Dies war meist
die Belohnung für ein Geschäft. Es sollte eigentlich eine Art Krönung der
Ereignisse sein, aber er hatte inzwischen gelernt, seine Rolle zu spielen. Ab
und zu überfiel ihn der Gedanke, dass sie vielleicht ahnte, er war nicht mehr
der Gleiche.
Der Bürgermeister hielt ihn und ähnliche Leute zwar auf einer
gewissen Stufe, passte aber doch auf, dass sie seiner Position nicht über den
Kopf wuchsen. Unsere Hauptperson war sich auch nicht ganz sicher, ob er der
einzige war, der die süßen Früchte der Tochter genoss. Weil er einer der
treuesten Diener war, oder vielleicht am besten seine Rolle spielte, wurde
sein Geschäft größer und die Stadt für ihn kleiner.
Jahre vergingen und das unbekümmerte Desinteresse der Einwohner
bot anderen Parteien oder Gruppen keine Möglichkeit, eine wirksame Opposition
aufzubauen, deshalb blieben dunkle Geschäfte unaufgedeckt. Bei Bauprojekten
zum Beispiel wurde Material gespart, wo es nicht unbedingt sichtbar war und
an anderen Stellen noch einmal verrechnet. Unfälle waren keine Seltenheit,
wurden dennoch meist auf menschliches Versagen zurückgeführt.
Es war ein lustiges Spiel, zu sehen, wie sein Konto doppelt so
schnell wachsen konnte. Doch, wohin mit dem Geld? Er war vorsichtig und
wollte nicht, dass es zu sehr auffällt, obwohl die Tochter des Bürgermeisters
ihn immer wieder ermutigte, sich endlich seines Standes gemäß zu benehmen.
Langsam taute er auf, und nachdem er genügend gereist war, wurde ein gutes
Auto gekauft, die Einrichtung seiner Wohnung erneuert, der örtliche
Tennisclub besucht. Er war ein sportlicher Typ und lernte es schnell, wurde
bald der beste Spieler, weil er seinen Reichtum nicht in seinen Bauch
steckte, war erfolgreich und gefragt.
Unter den Zuwanderern in die Stadt befanden sich vor allem Leute
aus dem ärmeren, östlichen Teil des Landes, Ausländer waren selten. Ein
junges Mädchen fiel ihm auf. Oder vielleicht er ihr? Sie kamen sich näher,
trafen sich häufiger, ein Verhältnis begann. Die Tochter des Bürgermeisters
wurde eifersüchtig, mehrmals kam es zu offenem Streit.
Und dann geschah ein schwerer Unfall in einer Fabrik, giftige
Stoffe wurden freigesetzt, mehrere Leute mussten ins Krankenhaus gebracht
werden, die Fische im nahegelegenen Fluss starben. Naturschützer aus dem
ganzen Land reisten an, organisierten Demonstrationen, die Presse belagerte
das Haus des Betreibers der Fabrik und das Bürgermeisteramt. Eine
unabhängige, überregionale Kommission wurde einberufen, um die Geschehnisse
genauer zu untersuchen.
Diese bestimmten Klauseln in den Verträgen ließen unseren Helden
der Geschichte als Betrüger und Verantwortlichen erscheinen. Wenn er darüber
nachdachte, war das Geld, das er damit verdient hatte, eigentlich ziemlich
wenig gewesen, um ihm den ganzen Skandal in die Schuhe zu schieben. Als die
Gerichtsverhandlung begann ließen ihn sowohl die Tochter des Bürgermeisters,
als auch das junge, hübsche Mädchen wie eine heiße Kartoffel fallen.
Hochverschuldet verlor er den Familienbetrieb. Am Ende zog er in eine andere
Stadt. Nicht weil er sich schämte, sondern weil er hoffte, dort neu anfangen
zu können.
Und dort lernte er die gerade geschiedene Tochter des
Bürgermeisters kennen. …………………………
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Saturday, 5 December 2015
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Selbstvertrauen
Kleinkinder spielen im Sandkasten auf dem Spielplatz, die Eltern
ermutigen sie und zeigen ihnen, wie es gemacht werden soll. Jedes unförmige
Sandhäufchen wird gelobt. Beim Kletterbaum wird geholfen, zugesehen und
geklatscht. Dieser kleine Mensch ist der Mittelpunkt des Universums, ohne
Konkurrenz. Sollte er doch auf einen anderen Alleinherrscher treffen, stoßen
zwei Welten zusammen. Die Überraschung ist groß, Tränen und Wutgeschrei
verkünden Sieg und Niederlage gleichermaßen.
Die Kinder im Kindergarten tanzen um einen Kreis mit Stühlen, es
gibt einen Sitzplatz weniger als Kinder. Wenn die Musik ausgeschaltet wird,
muss jeder versuchen einen Stuhl zu ergattern, dabei bleibt natürlich eines
stehen und fällt aus. Das Spiel wird solange mit immer weniger Stühlchen
durchgeführt, bis nur noch eines sitzen kann. Nur einer kann der Sieger sein.
Die neue Tante in der Schule erzählt viele interessante Dinge,
aber macht auch die ersten Einstufungen und nicht immer wird gelobt. Unter
den Kindern bilden sich kleine Gruppen, bei denen es die ersten Führer und
Anhänger gibt. Die Letzteren stärken das Selbstvertrauen der Ersten, indem
sie für ihre Gruppenstars schwärmen. Jene übernehmen dabei unbewusst die
Rolle des Vorbildes, das die Erwachsenen immer mehr verlieren.
Der Jugendliche versucht, seinem Partner zu gefallen. Erst später
sucht er sich einen, dem er gefällt.
Anders sein, führt einen Entzug der Anerkennung der Gruppe nach.
Der Anführer bemüht sich, seine Anhänger in eine bestimmte Richtung zu
bewegen.
Langsam entwickelt jeder einzelne seine eigenen Ziele, das ist
die Zeit, in der die früheren Leiter sich ihrer Fähigkeiten bewusst werden
müssen, um zu verhindern, dass ihr noch frisches Selbstbewusstsein
zusammenbricht.
Ständige Rebellen finden in den Erfolgen ihrer Taten immer öfter
die Bestätigung ihrer Persönlichkeit, oder werden gezwungen, sich
einzugliedern, um ihren eigenen Untergang zu umgehen, falls sie von zu vielen
Misserfolgen geplagt werden.
Jüngere kommen und treten als Wettbewerber der älteren
Führungsleute auf. Sie haben mehr Energie, Zeit, neues Wissen und
Fähigkeiten, eine zeitgemäßere Weltanschauung, und sind nicht durch
Verpflichtungen oder eingerostete Erkenntnisse belastet.
Die Rente zu bekommen, ohne dafür aktuell gearbeitet zu haben,
das Gefühl nicht mehr gebraucht zu werden, der Verlust des Arbeitsplatzes
oder der Position, aus dem Elternhaus ausgeflogene Kinder, die ihr eigenes
Leben führen wollen und auf alte Erfahrungswerte keinen Wert legen, das
Suchen neuer Aufgabengebiete und Erfolgserlebnisse, um den erlittenen Verlust
auszugleichen.
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Wednesday, 2 December 2015
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Das verlorene Weltbild
Nun saß er da, starrte in das fließende Wasser des
Flusses unter ihm. Er hatte schon einmal von Männern gehört, die von ihrer
Frau betrogen worden waren. Sie hätten es sich nie träumen lassen, wenn
jemand es ihnen erzählt hätte. Und genauso betrogen fühlte er sich jetzt
auch, verlassen und hintergangen von seinem eigenen Weltbild. Alles was er
bisher gelernt und gehört hatte. Auf alle seine Vorbilder hatte er sich dies
aufgebaut. Und jetzt musste er feststellen, dass das nichts stimmte.
Wie war das möglich? Warum hatte er es nicht bemerkt? Und
woher kam jetzt dieser reine Durchblick?
Sein Weltbild hatte ihn blind gemacht. Er hatte wie in
einem Gefängnis gelebt, Mauern nach allen Seiten, in denen er sich sicher
fühlte. Aber durch diese Mauern kam auch nichts hindurch, keine Nachrichten
von außen. Fünfzig Jahre lang hatte er nicht in der Welt, sondern neben der
Welt gelebt und sie war an ihm vorübergegangen, hatte ihn einfach links
liegenlassen. Jetzt erinnerte er sich, dass manchmal jemand an sein Tor
geklopft hatte, und er es nicht einmal hatte hören wollen. In seinem dunklen
Gefängnis hatte es niemand je gewagt, ihm zu widersprechen, und nun tat dies
die Wirklichkeit. Sein Burggefängnis war enger, als er es sich hätte träumen
lassen. Er hatte immer den Starken gespielt, alles selbst erledigt, für alles
gesorgt, keine Hilfe angenommen, jeden herumkommandiert. Sein Sohn war von zu
Hause geflüchtet, nur seine Frau war geblieben. Irgendwann hatte auch sie
versucht, seiner Gesellschaft aus dem Weg zu gehen. Jetzt saß sie neben ihm
und wartete, als wollte sie ihm eine letzte Möglichkeit geben. Aber was von
ihm kam, war nur der alte, abgedroschene Blödsinn, er hatte nichts
verstanden. Dann stand sie auf, ohne Worte. Er rief sie aber sie kehrte nicht
zurück. Er war allein, sein Weltbild hatte ihn betrogen. Er saß da und
starrte in das fließende Wasser des Flusses unter ihm.
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