183) Die Entwicklungsgeschichte einiger Gedanken
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183
Die Entwicklungsgeschichte einiger Gedanken
Es begann mit Aristoteles, einem
aufmerksamen Beobachter, der als erster in Worte fasste, was der Mensch schon
Jahrtausende macht. „Kraft und Wirkung!“ Doch auch er konnte mit
Naturerscheinungen, wie Sonnenauf- und –untergang oder Wind, Regen und Blitz
nichts anfangen, musste seinen Vorfahren folgen, die daraus Götter gemacht
hatten. Der Mensch konnte grundsätzlich nur kleine Dinge beeinflussen.
Auch Franz von Assisi gab sich damit
zufrieden. „Ich bin, weil in der Bibel steht, dass Gott mich geschaffen hat.“
Weiterhin ging er mehr auf soziale Fragen ein. So sollte sich jeder darauf
beschränken, was das Geschick ihm bereitete. Im Schweiße seines Angesichts
musste das tägliche Brot erwirtschaftet werden. Was darüber hinausging, war
eine Sünde. Mehr zu haben oder zu verdienen, war eine Sünde. Zinsen für etwas
Geliehenes waren eine Sünde. Das wirkliche Leben begann erst nach dem Tod.
Erst der Protestantismus brachte Änderung.
Der Gläubige sollte das Reich Gottes schon auf Erden vorbereiten. So wurde
angefangen, Profit zu erwirtschaften. Immer öfter Geld aus Geld, das zum
Beispiel dem reichen Juden, von dem es vorher entliehen worden war, einfach
nicht zurückgezahlt wurde, wenn der König oder Patrizier sich zu sehr
verschuldet hatten. Geld entstand und verschwand wieder. Was für eine
seltsame Welt! Etwas war oder kam von selbst!
Doch dies war der Gedankenanstoß für Newton.
„Wir bringen nichts in Bewegung, alles ist schon in Bewegung. Wir können
diese verlangsamen, beschleunigen oder ablenken.“ Bewegung durch oder von
sich selbst! Kein König, kein Gott!
Ungefähr fünfzig Jahre später kamen die
Ansichten über Wirtschaft an die Reihe. Adam Smith hatte drei Zustände
genauer unter die Lupe genommen, indem er Bevölkerungswachstum,
Preisentwicklung und Produktionssteigerung im Frankreich Ludwigs XV, im
damals schon parlamentarischen England und in den englischen Kolonien in
Nordamerika miteinander verglich. Seine Schlussfolgerung lässt sich kurz
zusammenfassen: Das Chaos funktioniert am besten, die Wirtschaft reguliert
sich selbst.
Hundert Jahre darauf kam der nächste große
Wissenschaftler, Charles Darwin, der sich nicht nur dadurch auszeichnete, ein
wirklicher Humanist im modernen Sinn zu sein. (Als er die Urvölker zum
Beispiel Feuerlands sah, schrieb er: „Es gibt keinen Grund uns für besser zu
halten, weil unsere Verfahren genauso waren.“) Er stellte fest, dass es in
der Natur eine Entwicklung gibt, die nicht geradlinig oder planmäßig abläuft.
Es steht kein Wille dahinter, der sie und in ihr uns in eine bestimmte
Richtung lenken würde. Von Zeit zu Zeit bestehen Rückschläge, wird auf ältere
Entwicklungszustände zurückgegriffen. War er sich bewusst, dass er Gott
leugnete? Gott zu leugnen, bedeutet, der Autorität an sich zu widersprechen.
Der Grundsatz „Gott hat die Welt erschaffen“
wurde mit „Die Welt hat ihre naturwissenschaftlichen Gesetze“ und „Die
Erkenntnis über diese Gesetzmäßigkeiten erweitert sich“ ersetzt.
Weiterhin sind wir besonders in der
Atomphysik in Tiefen vorgedrungen, die sich nicht mehr festhalten, sondern
nur noch durch ihre Erscheinungsform messen lassen.
Und welche Fragen werden wir uns in der
Zukunft stellen? Vielleicht gibt es außer der Materie eine Antimaterie,
Nebenmaterie oder Spiegelmaterie mit genau umgedrehten Gesetzmäßigkeiten?
Gibt es wirklich ein Nichts? Wo ist oder Wie sieht die Verbindung zwischen
Klassischer Physik, Atomphysik und Chemie?
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Saturday, 27 August 2016
182) Kleinere Schriften VI 1) Ratschläge! 2) Ein Eintrag bei … 3) Es
ziemt, sich … 4) Ne foglalkozz azzal, hogy … 5) Das Leben ist … 6) Die Jagd 7)
Freude und Glück
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182
Kleinere Schriften VI
1) Ratschläge!
2) Ein Eintrag bei …
3) Es ziemt, sich …
4) Ne foglalkozz azzal, hogy
…
5) Das Leben ist …
6) Die Jagd
7) Freude und Glück
Ratschläge!
- Mache dich zum Clown, in den Augen jener, die ein Vorbild
brauchen!
- Zieh diene älteste Kleidung an, in einer chicken
Gesellschaft!
- Treibe nur Sportarten, die fast nichts kosten!
- Sag, dass du Südspanier bist! Lass deine Haare braun oder
schwarz färben, damit du auch so aussiehst!
- Fahre kein Auto!
- Und wohne in einer sehr kleinen Wohnung!
- Sprich unverständlich!
Und wenn dir dann noch immer
jemand nachläuft, soll das dein Freund sein, weil er sich wirklich für dich
interessiert und dein Spiel durchschaut hat, oder weil er vielleicht selbst
ausgestoßen ist.
Ein Eintrag bei LinkedIn
zeigt zwei modische, junge braungebrannte Mädchen im Bikini. Darunter der
Kommentar von sich zu ernstnehmenden Bürosklaven: „Verkaufen die ihren Körper
oder ihr Gehirn?“ „LinkedIn wird bald LingerieIn!“ Mein Eintrag dazu: „Snobs
im Anzug, die der hübschen Sekretärin unter den Rock schauen und zu Hause
heimlich Pornos gucken, wenn die Ehefrau schon schläft.“
Es ziemt, sich jeder der
tausend Facebook Bekannten zum Geburtstag zu gratulieren. Dabei lässt der
Schreiber von Zeit zu Zeit seiner Phantasie freien Lauf: „An diesem Tag soll
der Boden unter deinen Füßen mit seidenen Rosenblütenblätter bedeckt sein!“
Zwei Tage später bemerkt er, dass sie ihr Geburtsdatum geändert hat und zwei
Tage später wieder Geburtstag haben will. „Am heutigen Tag soll es seidene
Rosenblütenblätter auf dich regnen!“ Wer hat hier wessen Bedürfnis nach
Romantik genüge getan?
Ne foglalkozz azzal, hogy
eladható-e, ha maradandót akarsz alkotni!
Das Leben ist wunderschön,
aber nicht gerecht!
Die Jagd
Wie durch vom Wind hin und
her gewehte Blätter fielen die Lichtstrahlen, kleine Gestalten, wie
verschiedene Tiere, bewegten sich fast rhythmisch. Das eine oder andere sah
beinahe aus, wie ein Gesicht. Und der bis zu den Zähnen bewaffnete Jäger
suchte sein Opfer, seine Beute.
Und da war es wieder, ein
liebliches rot mit blauen und weißen Streifen, langes, hellbraunes Haar fiel
über die Schultern der Beute.
Er trat aus seinem
Unterschlupf heraus und begab sich langsam, wie ein Tiger, in diese Richtung,
kämpfte sich durch das Dickicht. Ein Dschungel beweglicher Gestalten, diese
und jene musste er umgehen, verlor dabei zeitweise seine Beute aus den Augen,
bis sie wieder auftauchte, dann ging es weiter. Als ob sie ihren Jäger
bemerkt hätte, wich sie mal nach links, dann wieder nach rechts ab.
Aber jetzt war sie so nahe,
dass er fast ihren Hauch fühlen konnte. Ein schneller Griff und er hatte sie
gepackt, trug sie in Richtung eines Verstecks, sie wehrte sich nicht, atmete
nur aufgeregt.
Als es um sie still geworden
war, weil die Disko in einiger Entfernung lag, küsste er sie.
Freude und Glück
Mann: Was sind Freude und
Glück?
Frau: Das ist wie bequeme
Schuhe!
Mann: Dann werde ich dich
meine Schuhe nennen!
Frau: Aber dann musst du sie
auch küssen!
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Monday, 15 August 2016
181) I) Wie schön wäre es doch
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I) Wie schön wäre es doch
Noch ein Strich hier, ein
wenig Puder da. Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist das Mondgesicht! –
hätte der sie Murmeln hören, der neben ihr gesessen hätte. „Oh, wie wunderbar
wäre es, ein Mann zu sein!“ – dachte sie, aber erinnerte sich sofort daran,
was ihr Exmann immer über Anzug und Krawatte gesagt hatte. Er hasste diese
Maskerade. „Die, mit den teuersten Anzügen, blankpolierten Lackschuhen,
perfekt rasiert und gestriegelt, die sind alle link, haben kein Rückgrat,
küssen die Füße der Vorgesetzten, sind hinterlistig gegenüber den Kollegen
und treten nach allem, was unter ihnen steht.“ Genau darum hatte sie ihn
eigentlich verlassen, er hatte keinen Charakter, keine Persönlichkeit, war
ein richtiger Karrieremann. Hatte der überhaupt eine eigen Meinung? Aber zu
seiner Zeit zog sie sich solide an. Das war die Erwartung in seinen Kreisen
gewesen. Sie lächelte wie auf Knopfdruck. Deshalb ging sie damals einmal in
der Woche wegen Gesichtsmassage zum Kosmetiker. Der musste nämlich den Krampf
aus den Gesichtsmuskeln herausmassieren. Einmal hatte er ihr vorgeschlagen,
nach jeder Stunde Lächeln in eine Zitronenfrucht zu beißen, weil das die
Muskelstränge wieder in die andere Richtung ziehen würde. Dabei hatte sie
dann von Herzen lachen müssen.
Ihre nächste Bekanntschaft
war ein richtiger Macho, eifersüchtig. Aber der nahm wenigstens Viagra, um im
Bett gut zu sein. Einmal machte er es eine ganze Nacht, sie konnte am
nächsten Tag kaum laufen. Heute erinnerte sie nur die Goldkette an diese
Zeit, aber leer war ihr Leben auch mit ihm. Zuerst ein Affe im Anzug und dann
ein Stier. Aber sie hatte damals sexy Kleidung getragen, wirklich weiblich.
Der dritte war ein
Liberaler. Man hörte ihn viel davon plaudern, dass die Frauen
gleichberechtigt seien, ihren eigenen Weg finden müssen. Sie bekam, keine
Blumen, musste oft allein aufstehen, und das Wochenende verbrachte man mit
Gesellschaftsarbeit. Das war meist eine Demonstration oder Diskussionsgruppe.
Wie sie leider feststellen musste, beschäftigte sich dieser Mann ohne
Vorurteile mit sehr vielen und interessanten Dingen, nur für sie hatte er
überhaupt keine Augen. Sie lebte einfach neben ihm hin.
Man bräuchte vielleicht eine
Mischung aus diesen dreien. Oder, hm? Anstatt: „Ich denke, also bin.“ nur:
„Ich bin der Mann, den ich habe.“? Hatte sie denn nichts gelernt? Selbst
Karriere mache? Sie sieht das an ihrer Freundin, die ist auch nicht
ausgeglichener oder zufriedener. Dann gab es da eine mit fünf Kindern, eine
andere mit einem. So kleine Dinger bedeuten viel Freude, aber man, oder
besser Frau, ist da absoluter Sklave! Der Sinn des Lebens, oder der Sinn der
Frau ist die Vermehrung? Gibt es da denn nichts bei dem man oder Frau sich
wirklich wie eine Frau fühlen kann, mit etwas Kreativität, Abwechslung,
interessant. Stattdessen saß sie hier vor dem Spiegel und malte sich
Grimassen ins Gesicht.
II) Wie schön wäre es doch
Schon im Kindergarten
stellte er sich immer in die Reihe, tat sofort, was die Tante dort sagte. In
der Schule lernte er wie ein Musterknabe, war nur als Streber bekannt. Die
Uni absolvierte er in Rekordzeit. Und weil er an seinem ersten Arbeitsplatz
sogleich verstand, wie es dort lief, gemeint sind hier Krawatte und Füße
küssen, wurde er bald Abteilungsleiter. Beim jährlichen Betriebsfest stellte
man ihn dem Betriebsratsvorsitzenden vor. Was für eine Karriere! Aber er
hatte überhaupt von nichts eine Ahnung, führte nur die Befehle aus und niemand
außer der Vorgesetzten schwärmte für ihn, als …….
Tja, was war das eigentlich
gewesen, dieser Vorfall? Er lag am Palmenstrand, nicht vom Luxushotel, in
Badehose. Zuerst weiß wie Schnee und nach einer halben Stunde rot wie ein
Krebs. Eine Gruppe junger Leute machte gerade in der Nähe unter Palmen eine
Party. Sie waren alle schokoladenbraun, liefen, sprangen, schwammen und
spielten Strandvolleyball. Als er sich dorthin begab, wurde er ausgelacht. Ja
richtig! Ohne Anzug und Firma sah er wirklich witzig aus. Und überall in dem
Touristendorf versuchte man ständig, ihm irgendeinen Ramsch anzudrehen. Er
musste etwas ändern!
Wieder zu Hause angekommen,
ging er ins Fitness-Center und ließ sich beraten. Man fertigte einen
Trainingsplan an und gab ihm eine Adresse, wo er bestimmte Mittel kaufen
sollte. Mit Spritze, Ernährungsergänzungsmitteln und Viagra ausgestattet
begann er sein neues Leben. Natürlich durfte auch Solarium, die richtige
Kleidung und Goldkette nicht fehlen. Nach einem Jahr sah er aus wie ein Striezel.
Ein sportliches Auto tat den Rest, um beim weiblichen Geschlecht anzukommen.
Vor allem Frauen zwischen dreißig und fünfunddreißig, die gerade ihre
Scheidung mit einem Karrierefreak hinter sich hatten, bildeten seine
Hauptbeute. Mit fünfunddreißig gab es einen kleinen Zusammenbruch, weil sein
Stoffwechsel die vielen Wirkstoffe nicht mehr verarbeiten wollte.
Was blieb ihm übrig, als
wiederum sein Leben völlig zu ändern. Nach einer Rehabilitationszeit von
einem Jahr fühlte er sich erneut ganz gesund, ging in der Woche zweimal
schwimmen, dreimal joggen, ernährte sich gesund und lief weniger den
Frauenröcken hinterher.
Doch was sollte jetzt die
ideologische Grundlage bilden? Rechtsgerichtet? Das waren nur Schreihälse,
die wie Hunde nur dann angriffen, wenn sie in der Überzahl waren, sonst sich
aber als Feiglinge erwiesen. Vielleicht religiös? Er begann, die Bibel zu
studieren. Ein interessantes Geschichtsbuch. Der jüdische Gott war manchmal
ziemlich brutal gewesen. Und Jesus? Der war intolerant. Wie kann auch jemand
so etwas sagen: „Wenn du nicht für mich bist, so bist du wider mich.“? Aber
sonst, hm. Wissen die heutigen, sich selbst so nennenden Christen überhaupt,
was in diesem Buch geschrieben steht? Er musste feststellen, dass er ziemlich
der einzige war, der dieses Werk wirklich von der ersten bis zur letzten
Seite gelesen hatte.
Jetzt blieb nur noch
Esoterik, Liberal, Alternativ. Die Esoteriker! Zuerst musste er sich darüber
informieren, was dieses Wort eigentlich bedeutet. „Die Eingeweihten“ –
besagte das Lexikon, ein altgriechisches Wort. In den Regalen der
Buchhandlungen fand er unter dieser Rubrik Verschwörungstheorien, vermischt
mit Mystizismus und östlichen Religionen. Viele fraßen das wie Zucker, hatten
dabei ein verzogenes Lächeln, wie ein buddhistischer Mönch auf dem Gesicht,
aber eigentlich keine Ahnung von irgendetwas. Naja, wenn ihnen das genügte,
doch ihn befriedigte das nicht.
Bei den Alternativen erging
es ihm nicht viel besser, eine Anzahl an aberwitzigen Ideen und
Vorstellungen, die sehr schön klangen, aber bei genauerem Hinsehen einfach zu
flach waren. Und die Liberalen? Seine letzte Hoffnung! Grundsätzlich
interessierten die sich eigentlich für nichts. Ihr Leitspruch ließe sich so
zusammenfassen: „Tritt mir nicht auf die Füße, damit ich mich nicht mit dir
beschäftigen muss!“ Als dann in verschiedenen Ländern neofaschistische
Parteien an die Macht kamen, waren sie unfähig, sich mit vereinten Kräften
gegen diese Reise in die neunzehnhundertdreißiger Jahre aufzulehnen.
Jetzt war er fünfzig und suchte
noch immer! „Wer sucht, der findet!“ – hatte irgendeine Witzfigur einmal
gesagt.
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Tuesday, 9 August 2016
180) Das Gesetz
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180
Das Gesetz
Es war Abend und die Menge
hatte sich schon lange aufgelöst. Sie kniete allein vor dem Schafott und
betrachtete ihre Eltern, die dort hingen. Manchmal sprach sie zu ihnen, aber
niemand antwortete. Hunger und Durst verspürte sie nicht, nur eine abgestumpfte
Ungläubigkeit, als ob sie nicht verstehen wollte, was passiert war.
Der Landherr hatte ihre
Mutter begehrt, sie widerstand ihm, er gebrauchte Gewalt, sie schrie, ihr
Mann kam, sie kämpften, der Fürst unterlag und rief seine Soldaten, sie
nahmen die Eltern, steckten sie ins Gefängnis. Am nächsten Tag gab es die
Verhandlung, zehn Minuten, dann das Urteil, Tod durch Erhängen. Ihre Eltern
waren tapfere Leute gewesen, ohne einen Laut waren sie gestorben. Und das
zehnjährige Mädchen hatte zusehen müssen.
Bis zum Morgen war sie vor
Müdigkeit zusammengesunken. Jemand kam und brachte die Erschöpfte ins
Waisenhaus. Tagelang nahm sie nichts zu sich, gab keinen Mucks von sich,
bewegungslos auf dem Lager aus Stroh und Kartoffelsäcken. Am dritten Tag kam
eine Nonne, hob ihr ein bisschen den Kopf und flößte ihr langsam ein wenig
dünne Mehlsuppe ein. Sie stand noch immer unter Schock und lag meist mit
offenen Augen da. Nach drei Wochen wurde sie in den Garten zu einer Bank
geführt, in der Hoffnung, dass das Zwitschern der Vögel und der Duft der
Blumen ihr neuen Lebenswillen einhauchen würden. Nach weiteren zwei Monaten
ging sie dann in die einklassige Schule des Waisenhauses, aber sprach noch
immer nicht, nickte nur, oder schüttelte langsam den Kopf, wenn sie
angesprochen wurde. Niemand wusste, was sie gerade dachte, weil ihr Gesicht
keine Gemütsrührung verriet. Sie las, schrieb manchmal etwas, wie in einer
Geheimschrift, nahm immer öfter an den Hausarbeiten teil, blieb dennoch
weiterhin stumm. Mit fünfzehn wurde sie dann gefragt, ob sie für immer als
Nonne im Kloster verweilen wolle.
Der Orden hätte ihr
Sicherheit gegeben, aber aus irgendeinem Grund lehnte sie es ab. Das Kloster
hatte viele Geschäfte und Stände in der Gemeinde, um seine Erzeugnisse zu
verkaufen. Also übernahm sie die Stelle in einem dieser Läden. Hinter dem
Verkaufsraum gab es eine kleinere Kammer, jene sollte ihr zu Hause werden.
Sie war jetzt schon 16 und
noch immer nicht verheiratet. Aber als Waisenkind hatte sie darauf auch keine
guten Aussichten. Ein solches Mädchen galt für die Männer als Freiwild. Und
da sie nicht gerade hässlich war, wäre sie auch für die wohlhabenderen ein
kleines Abenteuer wert gewesen. Der Ruf einer Frau ist schnell zerstört, vor
allem wenn sie alleinstehend ist. So verließ sie den kleinen Laden nur, um
einzukaufen, Wasser aus dem Dorfbrunnen zu holen oder am Sonntag in die
Kirche zu gehen. Keine Aufmerksamkeit erregen hieß die Devise, deshalb trug
sie sowohl im Winter, als auch im Sommer ein langes Kleid, wobei nur die
Hälfte ihres Gesichts und die Spitzen ihrer Finger zu sehen waren. Die Abende
verbrachte sie mit Sticken, Nähen oder dem Lesen eines Buches aus der
Klosterbibliothek, wohin sie sich täglich begab, um die Einnahmen abzuliefern
und die Lagerbestände für den Laden aufzufüllen.
Während der Nacht
verriegelte sie Fenster und Tür. Räuber und Diebe waren selten, es waren mehr
die Handlanger des Landherrn oder er selbst, die die Nacht unsicher machten.
Wenn er durch die Gemeinde ritt, verschwanden alle Leute in ihren Häusern, um
nicht aufzufallen. Nur der Bürgermeister kam aus dem Rathaus, den hohen Herrn
zu begrüßen. Aber irgendwann war sie nicht schnell genug gewesen, er hatte
sie erblickt. Der Bürgermeister gab ihm dann auch sofort hilfsbereit
Auskunft, wo sie wohne. In der Nacht kamen dann seine Leute und nahmen sie
mit. Die Nachbarn waren froh, dass er es nur auf die arme Waise abgesehen
hatte. Sie wurde nie wieder gesehen.
Die Geschichtsbücher
erzählen nur über einen Fürsten, der prachtvolle Paläste bauen ließ, den die
ganze Welt fürchtete, der große Eroberungen machte, dessen Krone, die er vom
Papst bekommen hatte, heute im Parlament ausgestellt ist. Und dann gibt es
heute Nationalisten, die auch noch auf so einen stolz sind.
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Sunday, 7 August 2016
179) IV) Guten Morgen
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179
IV Guten Morgen
„Du willst also, dass ich an
der Gesellschaft teilnehme. Hm! Aber sie wollen doch alles ausschließen, was
anders ist!“ – „Richtig, alles, weil es unbequem ist.“ – „Unbequem? Ich
beschäftige mich nicht mit ihnen. Warum wollen sie mich dann nicht in Ruhe
lassen.“ – „Die Sache ist nicht ganz so einfach. Stell dir vor, du gehst
jeden Morgen den gleichen Weg, aber jeden Abend ändert jemand die Buslinie,
die Fahrtrichtung in Einbahnstraßen und so weiter! Jeden Morgen müsstest du
ihn neu entdecken. Das ist unbequem. Auch Leute, die anders sind, sind
unbequem.“ – „Haha, ein gutes Beispiel. Also, du möchtest sagen, dass der
Mensch ein Gewohnheitstier ist. Oder ich würde das Faulheit nennen. Und dann
denken sie auch noch, dass sie besser sind. Dabei ist es egal, ob wir über
Gläubige, Konservative oder Alternative und Liberale sprechen. Der eine der
seinen Nachbarn verurteilt, weil er homosexuell ist, und der andere, der sein
Haus mitten in den Wald baut, weil er die Natur ‘so‘ liebt.“ – „Jede Gruppe,
Richtung oder Mode hat ihren eigenen Kodex. Man könnte es auch als Snobismus
bezeichnen. Grundsätzlich gibt es Sitten, Bräuche. Daraus wird Moral, die dir
von der Umgebung aufgezwungen wird. Auf der anderen Seite stehen Grundsätze,
die du dir selbst aufbauen musst. Das letztere ist harte Arbeit, deine
eigenen Wertvorstellungen in dir zusammenstellen.“ – „Wenn ich dich richtig
verstanden habe, möchtest du damit ausdrücken, dass gesellschaftliche Arbeit
eigentlich bedeutet, Leute zu erziehen, ihre eigenen Gedanken zu haben. Ist
das überhaupt möglich?“ – „Betrachten wir ein bisschen die Geschichte! Vom
Sklaven, dessen Leben mit dem des Pharaos endete zum heutigen Menschen.“ –
„In Ordnung, es wurde schon ein wenig besser. Aber stell dir eine Firma vor!
Sie kann nur funktionieren, wenn sich alle eingliedern. Wenn da jeder
versuchen würde, seine eigenen Ansichten zu verwirklichen, bräche alles
zusammen. Du kannst von Leuten nicht erwarten, dass sie sich am Arbeitsplatz
wie wirkliche Sklaven verhalten, aber dann im Privatleben den Kopf benutzen.“
– „Du meinst, Erziehung sei nicht genug?“ – „ Richtig! Irgendwann hat Marx geschrieben:
‘Die Arbeit bestimmt dein Bewusstsein.‘ Diese Aufgabe ist zu groß oder
weitgehend für mich. Ich kann die Leute beeinflussen, aber ich kann den
wirtschaftlichen Ablauf nicht verändern.“ – „Das brauchst du auch nicht! Mit
dem entstehenden Bewusstsein kommt es zu wünschen und neuen Bedürfnissen. Der
Mensch wird dann von selbst danach streben.“ – „In fünftausend Jahren!“ –
„Dann wärest du für sie veraltet, wie heute Ku-Klux-Klan.“ – „Gibt es keine
Werte oder Ansichten, die ewig gelten? Zum Beispiel Hippokrates oder
Demokratie?“ – „Auch die Demokratie von Athen hat sich weiterentwickelt.
Nicht nur die Mehrheit zählt, sondern die Würde des Menschen, die Teilung der
Staatsgewalten.
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Monday, 1 August 2016
178) III) Guten Morgen
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178
III) Guten Morgen
„Du hast Recht, wenn du sagst,
dass jeder diesen Kampf selbst ausfechten muss, aber der größte Schritt ist
wahrscheinlich nicht einmal die Selbstemanzipation.“ – „Wie verstehst du das?
Ist nicht jeder für sich selbst sein größtes Hindernis?“ – „Es ist doch ein
Unterschied, ob dir jemand hilft, sich gleichgültig verhält oder dir Steine
in den Weg legt. Sehr viele, die den Sprung aus der Dunkelheit in die
Freiheit geschafft haben, sind stolz und glücklich, über anderen zu stehen,
nicht mehr die letzten zu sein, und sehr darauf bedacht, ihre Position, gegen
alles, was von unten nach oben strebt, gegen die Oberen hätten sie ja sowieso
keine Chance, zu schützen. Alle haben den Wunsch, etwas Besseres zu als ihr
nächster zu sein.“ – „Du bist zwar kein Psychologe, aber ein sehr guter
Beobachter. Diese Beschreibung gilt auch für die türkische Gesellschaft. Als
ob sie alle eine Rangordnung, eine Hierarchie brauchen würden.“ – „Wenn du
dich nicht mit oder in dir selbst bestimmen kannst, beginnst du Vergleiche
anzustellen.“ – „Dann baust du deine Selbstbestimmung wegen fehlenden
Selbstvertrauens auf der Unterdrückung anderer auf.“ – „Wie bringt man
jemanden dazu, unabhängig zu denken und handeln? Wie war das bei dir?“ – „Es
genügt nicht, sich anderen gegenüber liberal zu verhalten. Der Liberalismus
besteht grundsätzlich eigentlich nur darin, sich nicht mit anderen zu
beschäftigen. Du musst ihnen die Möglichkeit geben, sich selbst zu entfalten.
Du muss sie darauf aufmerksam machen, wozu sie fähig sind. Mir zum Beispiel
haben verschiedene Lehrer geholfen. Das war viel Arbeit mit kleinen Schritten
und Erfolgen. Sie halfen mir, langsam ein Selbstvertrauen aufzubauen.“ – „Hm!
Der Liberalismus war anfänglich eine Freiheitsbewegung gegen Adel und
neureiche Bürger und veraltete Gesellschaftsnormen. Auf allen Gebieten der
Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft.“ – „Sie behinderten andere nicht, aber sie
versuchten auch nicht anderen zu helfen. Alle sprinteten sie den Berg hinauf,
einige waren erfolgreich. Aber sie ließen die Massen zurück und verloren den
Kontakt zu ihnen.“ – „Und so kamen dann Populisten, die diesen
Zurückgebliebenen irgendeine Hoffnung in Form eines ideologischen Blödsinns
eintrichterten.“ – „Ich weiß, was du denkst. Auch du bist enttäuscht. Nicht
weil du zurückgeblieben wärest, sondern weil du keine Lust hast, dich mit
anderen abzugeben. Eigentlich bist du faul und möchtest deine Zeit nur mit
Sachen verbringen, die dich inspirieren. Aber du kannst nicht aussteigen,
selbst wenn du dich auf einer einsamen Insel verstecken würdest.“ – „Was soll
ich tun? Eine Revolution anzetteln?“ – „Du bist kein Egoist, sondern nur ein
Einsiedler, sprichst gern mit Leuten, aus diesen Gesprächen und Beobachtungen
schöpfst du deine Ideen, brauchst aber viel Zeit für dich selbst. Eine
Familie kannst du nicht gründen, dazu bist du nicht der Richtige. Du bist
geboren, ein Licht in der Ferne, ein Symbol zu sein.“ – „Du bist wenigstens
ein genauso guter Beobachter, wie ich. Aber was willst du dann mit mir?“ –
„Ich möchte mich nicht von dir heiraten lassen, oder mich mit dir verheiraten.
Dafür suche ich mir einen anderen. Aber bevor ich mich für einen entscheide,
brauche ich noch ein bisschen Unterricht, Hoffnung und Licht. Vielleicht
erziehe ich mein Kind oder Kinder auch allein.“ – „Wäre das das Ergebnis
meines Liberalismus? Der Mensch würde am Ende vereinsamt leben und sterben.“
– „Ich sehe die Sache oder Zukunft nicht ganz so schwarz. Was ist natürlich?
Bei den Menschenaffen gibt es ein Männchen dem alle Weibchen folgen. In Nepal
haben mehrere Männer gemeinsam eine Frau, weil sie sie nur so ernähren
können. Aber erst seit der Mensch die Möglichkeit hat, sich zurückzuziehen,
nachzudenken, um dann wieder mit anderen zusammenzukommen, um diese Gedanken
auszutauschen, geht die Entwicklung immer schneller voran. Er sitzt wie ein Huhn
auf seinen Ideen und brütet sie aus. Aber daran muss sich der Mensch
natürlich zuerst gewöhnen.“ – „Naja, er hat sich daran gewöhnt, im Dorf,
später in der Stadt oder im Staat zu leben. Natürlich oder normal ist, was
wir gerade haben. Ein heutiger Mensch würde in einer mittelalterlichen
Gesellschaft seelisch zugrunde gehen.“
„Aber sag mal! Du möchtest
deine Kinder allein erziehen, allein leben. Das klingt fast wie eine Emanze!“
– „Wenn ich dich nicht so gut kennen würde, wäre ich jetzt vielleicht enttäuscht.
In einer liberalen Gesellschaft kann jeder so leben, wie es ihm beliebt. Der
eine ist homosexuell, der andere braucht eine unterwürfige Frau, oder sie
braucht einen richtigen Macho, der ihr jeden Abend so wirklich den Hintern
versohlt. Jeder soll bekommen, was er oder sie will. Besonders aus den neuen,
osteuropäischen Mitgliedstaaten kommen sehr viele sowohl Männer, als auch
Frauen. Die Frauen dieser Länder passen sich besser an die neue Umgebung an,
merken sehr schnell, dass der westeuropäische Mann meist keine Emanze, aber
auch keine Sklavin haben will. Der osteuropäische Mann dagegen scheint,
nichts gelernt zu haben. Einem Goethe kann ich es nicht mehr übel nehmen,
wenn er vor zweihundert Jahren seinem Faust in den Mund legte: „Liebe
Margarethe, wenn du nicht willst, so gebrauche ich Gewalt!“ Vor allem weil er
damit wahrscheinlich nur ausdrücken wollte, dass er sie über alles begehrte,
aber ihr niemals wehtun würde. Diese Männer aus Osteuropa wiederum versuchen
auch gar nicht, die hiesigen Frauen zu verstehen, und sind dann empört, wenn
sie zurückgewiesen werden. Danach erzählen sie allen möglichen Blödsinn über
westliche Frauen. Das geht vom ‘Sie seien prüde.‘ bis zu ‘Die wissen gar
nicht, was eine richtige Familie sei.‘“ – „Aber was für eine Lösung siehst
du?“ – „Du würdest natürlich am liebsten alles stehen und liegen lassen und
einfach aussteigen. Aber da kannst du sicher sein, dass es dich einholt. Das
extremste sind Zusammenstöße zwischen verschiedenen Volksgruppen. In sehr
vielen Städten und Ländern gibt es Ghettos. Die Reichen und Mittelständischen
begeben sich nicht dorthin, weil sie Angst haben. In ihren eigenen
Wohnbezirken haben sie an jeder Ecke Kameras und Sicherheitspersonal. Dort
fristen sie ihre Tage, wie in einem Luxusgefängnis, und merken nicht, dass
das auch für sie selbst nicht mehr gut ist.
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