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Ein Gott war gestorben
Als er vor zwanzig Jahren geboren wurde, fing man
an, ein Grab für ihn zu bauen. Jedes Mitglied der Gemeinschaft musste an den
Arbeiten teilnehmen. Was für eine Organisation, wenn dreißigtausend Leute wie
eine Maschine zusammenhelfen! Nach den großen Überschwemmungen des Flusses
musste auf den Feldern zuerst gesät werden, dann kamen alle zum Bau zurück,
um während der Erntezeit wieder auf den Feldern geschäftig zu sein.
Die Arbeiten begannen früh am Morgen, wenn die
Sonne noch nicht so hoch stand, um die Mittagszeit kehrten alle zu ihren
Zelten zurück, am Nachmittag ging es dann weiter. Für ihre Verpflegung
mussten sie selbst sorgen, jeder opferte sich für den Gott.
In der Wüste gab es keine Steine, sie mussten aus
den Bergwerken von weit her auf Schiffen den Fluss hinunter zum Bauplatz
gebracht werden. Manchmal fiel so ein tonnenschwerer Steinblock und
zerquetschte zehn oder zwanzig Arbeiter unter sich, dann wurde eine neue
Gruppe gerufen, nach ein paar Stunden ging es weiter, der gewichtige Block
wurde auf das Baugelände gebracht. Um die Toten kümmerten sich die Geier,
eine saubere Müllabfuhr, kein Knöchelchen blieb liegen.
Das Ziel war klar, das Grab musste vor dem Tod
des unsterblichen Gottes fertig sein. Wenn er länger lebte, wurde
ausgebessert und verschönert. Die Pläne für das Innere des Grabes waren
geheim, die Architekten und Arbeiter, die an dessen Konstruktion teilnahmen,
wurden später getötet, um eine Plünderung zu verhindern.
Manchmal ritt der junge Gott an seinem eigenen
Grab vorbei, um die Fortschritte der Arbeiten zu beobachten.
Der Sohn des noch lebenden Gottes wurde geboren,
und so begann man sofort mit einem neuen Grab. Ein neuer Gott? War die Welt
nicht zu Ende, wenn ein Gott starb? Nun sollte es plötzlich weitergehen?
Der Held unserer Geschichte hieß Schakal. Er war
am gleichen Tag geboren, wie der Gott, und deshalb ausgewählt worden, den
Gott lebendig in sein Grab zu begleiten, um ihm im Jenseits zu dienen.
Während seiner Kindheit passte jeder im Dorf auf ihn auf, und niemand
bestrafte ihn, wenn er etwas ausgefressen hatte. In seiner Jugend brachte ihn
dann ein Priester weg von seinem Dorf in ein Kloster, wo er auf die kommenden
Aufgaben vorbereitet werden sollte. Als er fünfundzwanzig Jahre alt war,
starb der unsterbliche Gott und deshalb brachte man unseren Helden mit
anderen seinesgleichen auf einem kleinen Schiff den Fluss hinunter, um
zusammen mit dem Toten lebendig begraben zu werden.
Der Wasserstand war zu dieser Zeit des Jahres
sehr niedrig, deshalb musste das Schiff mehrmals aus Sandbänken befreit
werden. Dann wurde der Fluss endlich breiter und man hielt sich in der Mitte.
Ruhig plätscherte das Wasser dahin. Diese Sorgenlosigkeit machte auch den
Steuermann schläfrig, die Krokodile am Ufer wärmten sich in der Sonne. Als
die Blicke unseres Helden so unbekümmert im nassen Element verschwanden, gab
es plötzlich einen lauten Krach. Das Schiff war auf ein Riff gelaufen und
sank in rasender Schnelle. Dies machte auch die Krokodile aufmerksam, langsam
bewegten sie sich ins Wasser. Ein unerwartetes Mittagessen oder eine Gabe
Gottes? Die Reisenden sprangen ins Wasser. Aber in welche Richtung sollten
sie schwimmen? Von überallher kamen die Hungrigen. Vielleicht hätten viele
mehr eine Überlebenschance gehabt, wenn sie zusammen in eine Richtung
geflohen wären, weil die Tiere aus dieser Richtung nicht alle Menschen hätten
schnappen können.
Als unser Held wieder aufwachte, lag er in einem
Boot und hörte Hilferufe und das Schlagen der Paddel, mit denen man
versuchte, die aufdringlichen Tiere fernzuhalten. Er kannte diese Leute
nicht, die er da sah, wusste nicht, woher sie so plötzlich gekommen waren.
Nach ein paar Minuten wurde das Ufer erreicht. Von dem Schiff und seiner
Besatzung zeugte nicht die kleinste Spur.
Wer hatte ihn gerettet? Es waren Vogelfreie, die
eigentlich das Schiff ausrauben wollten. Jetzt war er ihr Gefangener, er
würde für sie arbeiten müssen, bis sie ihn in irgendeiner Siedlung als Sklave
verkaufen. Als er ihnen erzählen musste, warum er auf dem Schiff war,
fluchten sie fürchterlich, weil die Schätze für die Grabkammer versunken
waren, aber fügten gleichzeitig lachend hinzu, dass unser Held Glück gehabt
habe, weil er jetzt nicht lebend begraben würde, sondern weiterleben könne.
Was diese Gottlosen hier aussprachen, war für ihn unverständlicher Blödsinn.
Hatte er sich nicht sein ganzes Leben darauf vorbereitet, dem Herrscher und
Gott im Jenseits zu dienen?
Als Gefangener nahm er mit den Gesetzlosen seinen
Weg durch den Urwald. Er musste für sie Holz sammeln, Feuer machen und
kochen. Nach ein paar Tagen kamen sie zu einem kleinen Kloster, das sie
angriffen und ausraubten. Auch einige Gräber fielen ihnen zum Opfer. Sie
verkauften die ergatterten Schmuckstücke und Sklaven meist an reiche
Wüstennomaden, die mit dem Flussvolk in ständigem Konflikt standen.
Unser Held musste jetzt Kamele hüten und beim
Zeltauf- und –abbau helfen. An Flucht war nicht zu denken, weil er alleine in
der Wüste umgekommen wäre. Sie zogen von Oase zu Oase. Eigentlich wusste er
nicht, wo er war. Und langsam gewöhnte er sich daran, weiterzuleben, erlernte
die Sprache und Sitten dieses fremden Volkes, von dem man ihm so viel
Schlechtes erzählt hatte.
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Friday, 22 January 2016
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